Dieser Artikel bietet einen Überblick, warum Inflation eine der wichtigsten Größen in der Wirtschaftswissenschaft ist, wie Inflation entsteht und gemessen wird und wie man sich gegen steigende Inflation absichern kann.
Das Wichtigste in Kürze
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Inflation bezeichnet im Allgemeinen den Preisanstieg von Gütern und Dienstleistungen in einem bestimmten Zeitraum. Für das Jahr 2021 betrug die Inflationsrate in Deutschland 3,1 Prozent. Dies bedeutet, dass beispielsweise ein durchschnittlicher Einkauf im Supermarkt, der Ende 2020 noch 100 Euro gekostet hat, ein Jahr später 103,10 Euro gekostet hat. Die gekauften Waren sind um 3,10 Euro oder 3,1 Prozent teurer geworden. Man spricht daher bei Inflation auch von der Teuerungsrate. Ökonomen bezeichnen dies als Anstieg des Preisniveaus in einer Volkswirtschaft. Aus der Sicht von Verbraucherinnen und Verbrauchern bedeutet sie einen Verlust der Kaufkraft.
Es gibt verschiedene Arten, Inflation zu messen. Außer Lebensmittelpreisen werden in die Berechnung auch beispielsweise Kosten für Benzin, Heizöl, Handwerkerdienstleistungen oder Übernachtungen im Hotel einbezogen. Die Kosten dieser Güter und Dienstleistungen werden in einem sogenannten Consumer Price Index (CPI, deutsch: Verbraucherpreisindex) festgehalten. Die Inflationsrate bezeichnet die prozentuale Änderung dieses Verbraucherpreisindex über einen bestimmten Zeitraum.
Inflation entsteht aus unterschiedlichen Gründen. Es ist ökonomischer Konsens, dass Inflation in der kurzen und mittleren Frist meist durch einen Anstieg der Produktionskosten oder der Nachfrage nach bestimmten Gütern entsteht. Ebenfalls sind sich Volkswirte einig, dass ein übermäßiges Wachstum der Geldmenge langfristig die Teuerung antreibt und sehr hohe Inflationsraten schädlich sind. Daher befürworten viele Ökonomen eher niedrige, wenn auch konstant positive Inflationsraten. Dies spiegelt sich in den Zielen von Zentralbanken wider, die grundsätzlich das Mandat innehaben, für Preisstabilität zu sorgen, was gleichbedeutend mit der Steuerung der Inflation ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, die Inflation bei zwei Prozent zu halten, wobei gleichermaßen eine Abneigung gegen Abweichungen unterhalb und oberhalb des Ziels besteht. Dies versucht sie durch ihre Geldpolitik zu erreichen. Zu den Werkzeugen der EZB zählen etwa eine Anpassung des Leitzinses oder Anleihenkaufprogramme.
Weitere Begriffe, die in der Wirtschaftswissenschaft oft im Zusammenhang mit Inflation erwähnt werden, sind:
Die Lebenshaltungskosten hängen von den Preisen vieler Güter und Dienstleistungen ab. Um die Lebenshaltungskosten des Durchschnittsverbrauchers oder der Durchschnittsvebraucherin zu messen, führen staatliche Organisationen (wie z.B. das Statistische Bundesamt) Erhebungen bei Haushalten durch, um einen Warenkorb mit häufig gekauften Artikeln und oft genutzten Dienstleistungen zu bestimmen, und verfolgen die Kosten dieses Warenkorbs im Zeitverlauf. Die Kosten zu einem bestimmten Zeitpunkt, ausgedrückt im Verhältnis zu einem Basisjahr, stellen den Verbraucherpreisindex (VPI) dar. Die prozentuale Veränderung des VPI über einen bestimmten Zeitraum bezeichnet die Verbraucherpreisinflation, das am häufigsten verwendete Maß für die Inflation. Beträgt beispielsweise der VPI des Basisjahres 100 und der aktuelle VPI 110, so beträgt die Inflation in diesem Zeitraum zehn Prozent. Üblicherweise wird ein VPI monatlich berechnet. Darüber hinaus liegt die übliche Betrachtungsperiode bei einem Jahr, wodurch die Inflation häufig als prozentuale Teuerung im Vergleich zum Vorjahresmonat interpretiert werden kann.
Im Zuge von Inflation wird oft auch die sogenannte Kerninflation erwähnt. Hierbei handelt es sich um ein Inflationsmaß, das bestimmte Produkte wie Lebensmittel und Energie, deren Preise schwankungsanfälliger und von saisonalen Faktoren beeinflusst werden, ausschließt. Insbesondere der Ölpreis hatte als einzelner Faktor phasenweise einen starken Einfluss auf die Inflationsraten. Neben der Inflation sollte also auch die Kerninflation als bereinigtes Maß betrachtet werden. Zu erwähnen ist ebenfalls, dass auch Notenbanken in ihrem Bestreben nach Preisstabilität vor allem auf die Kerninflation achten.
Der Warenkorb des Verbraucherpreisindex wird meist über einen längeren Zeitraum hinweg konstant gehalten und nur gelegentlich angepasst, um Veränderungen im Konsumverhalten oder neue Trends widerzuspiegeln. Beispielsweise wurden Kaffeepads und -kapseln oder Gebühren für Streaming-Dienste vor einiger Zeit zum Warenkorb hinzugefügt, um das aktuelle Konsumverhalten zeitgemäß darzustellen. Die folgende Auflistung zeigt die Bestandteile und Gewichtung des Warenkorbs des Verbraucherpreisindex für Deutschland (Stand: August 2022).
1. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke |
9,7 % |
2. Alkoholische Getränke und Tabakwaren |
3,8 % |
3. Bekleidung und Schuhe |
4,5 % |
4. Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe |
32,5 % |
5. Möbel, Leuchten, Geräte u.a. Haushaltszubehör |
5,0 % |
6. Gesundheit |
4,6 % |
7. Verkehr |
12,9 % |
8. Post und Telekommunikation |
2,7 % |
9. Freizeit, Unterhaltung und Kultur |
11,3 % |
10. Bildungswesen |
0,9 % |
11. Gaststätten- und Beherbergungsdienstleistungen |
4,7 % |
12. Andere Waren und Dienstleistungen |
7,4 % |
In den Wirtschaftswissenschaften existieren viele Theorien und Modelle über die Entstehung von Inflation. Generell muss hier zwischen der langfristigen und kurzfristigen Betrachtung von Inflation unterschieden werden. Es ist ökonomischer Konsens, dass langfristige Inflation durch übermäßiges Wachstum der Geldmenge verursacht wird. In der kurzen und mittleren Frist entsteht Inflation jedoch primär durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage.
Die angebotsbedingte Inflation, auch Kosteninflation genannt, entsteht, wenn durch Steigerung von Löhnen, Energie-, oder Rohstoffkosten die Produktionskosten steigen, während die Nachfrage stabil bleibt. Um nicht insolvent zu gehen, müssen produzierende Unternehmen die Steigerung der Produktionskosten an die Endverbraucher weitergeben, was eine Preissteigerung oder Inflation zur Folge hat.
Inflation durch Nachfragesog liegt vor, wenn die Nachfrage nach Gütern derart schnell ansteigt, dass Anbieter nicht durch ein Anheben ihrer Angebotsmengen reagieren können. Dies führt nach den Marktgesetzen zu Preisanstiegen und somit zu Inflation. Diese Art von Inflation tritt normalerweise in Zeiten eines gesunden Wirtschaftswachstums auf.
Beim Investieren ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen nominalen und realen Renditen zu verstehen. Die reale Rendite berechnet sich aus der nominalen Rendite abzüglich der Inflationsrate. Kaufe ich beispielsweise am Anfang des Jahres eine Aktie für 100 Euro und verkaufe sie am Ende des Jahres für 102 Euro, habe ich einen Gewinn von zwei Euro erzielt – die nominale Rendite beträgt zwei Prozent. Hätte die Inflation in diesem Jahr bei drei Prozent gelegen, wäre die reale Rendite jedoch negativ (minus ein Prozent) und somit hätte ich an Kaufkraft verloren. Das Investment konnte den Kaufkraftverlust zwar bremsen, aber nicht ausgleichen. Somit hätte ich real einen Vermögensverlust erlitten. Dieses Beispiel zeigt, dass bei Investments grundsätzlich auch die reale Rendite betrachtet werden sollte, also die inflationsbereinigte Rendite. Grund hierfür ist, dass letztlich die hinzugewonnene Kaufkraft das entscheidende Kriterium ist.
Genau umgekehrt sieht es aus, wenn ich Schuldner bin und etwa einen Kredit für ein Haus abbezahle. Der Nennwert des Kredits, also der geliehene Geldbetrag, ist konstant, während das Preisniveau steigt. Dadurch verliert die Kreditsumme im Verhältnis über die Zeit an Wert, während sich etwa Einnahmen aus Vermietung unter Umständen an die Teuerung anpassen lassen.
Grundsätzlich gibt es mehrere Möglichkeiten, sich gegen Inflation abzusichern. Generell wird Sachwerten wie beispielsweise Immobilien oder Edelmetallen (insbesondere Gold) Inflationsschutz zugesprochen. Rohstoffe, inflationsgesicherte Anleihen, aber auch Aktien stellen weitere Investitionsmöglichkeiten dar. Wichtig zu berücksichtigen ist, dass nicht jede Anlageklasse in jeder inflationären Phase gleich gut schützt. Beispielsweise können Aktien in inflationären Phasen kurzfristig geringere Renditen erzielen, wenn Unternehmen ihre steigenden Einkaufspreise nicht voll an die Verbraucher weitergeben können. Die Historie zeigt jedoch, dass ein breit gestreutes Aktienportfolio langfristig eine erwartete Rendite bieten kann, die auch nach Abzug der Inflationsrate positiv ausfällt.
Im Gegensatz zu Rohstoffen und Immobilien stellen inflationsgesicherte Anleihen eine weniger volatile Anlageklasse dar, sich gegen das Inflationsrisiko abzusichern. Bei dieser Art von Anleihen sind der Nominalwert und die Kuponzahlungen an einen Verbraucherpreisindex gekoppelt und passen sich an die Inflation an. Wenn die Inflationsrate steigt, steigt auch der Preis einer inflationsgeschützten Anleihe. Der Kupon einer inflationsgesicherten Anleihe wird auch als Realkupon, die Rendite als Realrendite bezeichnet. Erträge einer solchen Anleihe werden also nicht durch die Inflation in der Kaufkraft gemindert.
ETFs bieten eine einfache Möglichkeit, gebündelt und global diversifiziert in Aktien, Rohstoffe und (inflationsgeschützte) Anleihen zu investieren. ºÚ°µ±¬ÁϹٷ½ setzt in der Vermögensverwaltung je nach Portfoliokonzept neben ETFs auf Aktien weitere Anlageklassen ein, die einen gewissen Inflationsschutz bieten können. So lassen sich beispielsweise unsere nachhaltigen ESG-Strategien um Rohstoffe erweitern. In unserer Allwetter-Strategie summieren sich die Anteile an Rohstoffen und inflationsgesicherten Anleihen auf 40 Prozent des Portfoliogewichts.
Stefan Wennemar, CFA
Stefan ist Senior Portfolio Manager im Wealth Management Team. Seine Themenschwerpunkte sind Portfolioverwaltung, Datenanalyse und Research rund um Kapitalmarkt-Themen. Er hat einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften von der Goethe-Universität in Frankfurt und einen Master-Abschluss in Finance von der Stockholm School of Economics.