Finanzkennzahlen helfen dabei, börsennotierte Unternehmen und ihre Aktien zu bewerten. Sie können einen entscheidenden Beitrag zur Entscheidung über ein Investment leisten. Dieser Beitrag bietet einen Überblick über gängige Finanzkennzahlen und ihre Aussagekraft.
Das Wichtigste in Kürze
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Der Kauf eines Wertpapiers ermöglicht es, an Kursentwicklungen zu partizipieren und verbrieft den Anspruch auf mögliche Ausschüttungen, auch Dividenden genannt. Bei Aktien setzt sich die Rendite über die Haltedauer einer Anlage daher wie folgt zusammen.
a) (Summe der erhaltenen Dividenden) ÷ (Kaufwert der Aktien)
b) Aktueller Wert der Aktien ÷ Kaufwert der Aktien - 1
Der Kaufwert der Aktien ergibt sich aus Multiplikation des Kaufpreises und der Anzahl erworbener Anteile, hinzu kommen mögliche Gebühren.
Ein Beispiel:
Die Rendite der Haltedauer errechnet sich wie folgt:
(100 x 5 x 1,30 €) ÷ (100 x 38,50 € + 10,50 €) = 16,84 %
(100 x 63,40 €) ÷ (100 x 38,50 € + 10,50 €) - 1 = 64,23 %
Daraus ergibt sich eine Rendite über die gesamte Haltedauer von 81,07 %.
Welche Rendite eine Anlage pro Jahr erwirtschaftet hat, wird mit der Formel für die geometrische Rendite – im Fachjargon spricht man von der annualisierten Rendite – ermittelt:
mit r = Gesamtrendite und T = Haltedauer des Wertpapiers in Jahren, ergibt sich in unserem Beispiel durch Einsetzen der Werte in die Formel
(1 + 81,07%) (1/5) - 1
eine annualisierte Rendite von 12,61 %.
Zu beachten: Beim Verkauf von Wertpapieren kann die tatsächlich realisierte Rendite durch Steuern und Handelsgebühren verringert werden.
Das KGV setzt den Gewinn eines Unternehmens zu seinem Wert ins Verhältnis, der sich aus dem Aktienkurs ergibt. Dabei wird zunächst der Gewinn des Unternehmens durch die Anzahl der ausstehenden Aktien geteilt, um den Gewinn je Aktie zu erhalten.
Ein KGV von 15 sagt bspw. aus, dass Anlegerinnen und Anleger aktuell das 15-fache des Gewinns einer Aktie zahlen. Hierbei kann zwischen dem Gewinn der vergangenen zwölf Monate oder dem für das laufende Jahr erwarteten Gewinn unterschieden werden, was zu Unterschieden im KGV führt. Grundsätzlich gilt, dass hohe KGVs auf höher bewertete Unternehmen hinweisen, was in der Regel durch optimistische Markterwartungen zu künftigen Gewinnen des Unternehmens und dessen Wachstum erklärt werden kann. Für die eigene Analyse lässt sich das vom Markt eingepreiste Zukunftsszenario, impliziert durch die Höhe des KGVs, mit den eigenen Zukunftserwartungen für das Unternehmen abgleichen. Gleichermaßen gilt ein niedriges KGV als Indikator für auf den ersten Blick günstig bewertete Unternehmen.
Das KBV setzt den Buchwert eines Unternehmens gegenüber seinem Wert ins Verhältnis. Auch ein niedriges KBV weist auf eine günstigere Bewertung hin.
Der Buchwert lässt sich aus der Bilanz ablesen. Er ist die Differenz von Bilanzsumme und Verbindlichkeiten. Anders ausgedrückt wird hier der Wert betrachtet, der Anteilseignern bei Veräußerung aller Vermögenswerte nach Abzug des Fremdkapitals bleiben würde. Teilt man diesen Wert durch die Anzahl der ausstehenden Aktien, erhält man den Buchwert je Aktie.
Wichtig zu verstehen ist, dass Vermögensgegenstände auf der Bilanz teils einen niedrigeren Wert haben, als ihre tatsächliche Veräußerung einbringen würde. Ein KBV von < 1 bedeutet, dass der Markt den Wert des Unternehmens niedriger einordnet als den Betrag, der bei Veräußerung aller Vermögenswerte und Bezahlung aller Schulden übrig bleiben würde. Ein solcher Wert ließe sich auch so interpretieren, dass der Markt den tatsächlichen Wert der Vermögensgegenstände als deutlich niedriger einschätzt, als die auf der Bilanz ausgewiesenen Werte es suggerieren. Andererseits lässt sich bei Unternehmen, deren Geschäftsmodell ohne viele materielle Vermögensgegenstände (bspw. Produktionsmaschinen) funktioniert, häufig ein KBV deutlich über 1 beobachten. Technologiefirmen sind ein Beispiel hierfür.
Das KUV setzt den Umsatz des Unternehmens ins Verhältnis zur aktuellen Bewertung am Aktienmarkt. Die Kennzahl hilft vor allem dabei, kleinere, stark wachsende Unternehmen zu bewerten oder ihre aktuelle Bewertung mit anderen, stark wachsenden Unternehmen zu vergleichen. Weisen Unternehmen aktuell und in der nahen Zukunft keine Gewinne aus, lassen diese sich zumindest anhand des KUVs bewerten. Der Umsatz ergibt sich aus der Summe aller Erträge und lässt sich in der jeweiligen Gewinn- und Verlustrechnung, in der Regel als erster aufgeführter Posten, finden. Auch hier ist wieder die Anzahl der ausstehenden Aktien nötig, um anhand folgender Formel den Wert des KUVs zu ermitteln:
Eine weitere Möglichkeit ist, die Marktkapitalisierung des Unternehmens mit dem gesamten Umsatz ins Verhältnis zu setzen, ohne vorab die Werte je Aktie zu berechnen.
Die Dividendenrendite setzt die Dividenden eines Unternehmens ins Verhältnis zum aktuellen Kurswert. Bei der Berechnung der Kennzahl werden in der Regel die Dividendenausschüttungen innerhalb eines Jahres summiert und durch den aktuellen Kurs der Aktie geteilt:
Die Dividendenrendite ist ein Indikator für Aktionäre, wie hoch die jährlichen Ausschüttungen im Verhältnis zum aktuellen Kurswert sind und ist ein beliebter Indikator von Aktionären zur Abschätzung zukünftiger zu erwartender Dividendenzahlungen. Wenn beispielsweise eine Aktie einen Kurswert von 100 € hat und in den letzten zwölf Monaten Dividenden in Höhe von 3 € ausgeschüttet wurden, beträgt die Dividendenrendite 3 %. Unter der Annahme einer konstanten Dividendenrendite könnte ein Aktionär im nächsten Jahr mit einer Dividendenausschüttung von 3 % des zukünftigen Kurswertes rechnen.
Ein wichtiger Hinweis zur Analyse von Dividendenrenditen ist, dass diese abhängig vom Kurswert an einem bestimmten Tag und den Dividendenzahlungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes sind. Demzufolge erhöhen einmalige Dividendenzahlungen und starke Kursverluste die Dividendenrendite und erschweren die Interpretation. So sind eine hohe beziehungsweise steigende Dividendenrendite nicht zwangsläufig ein gutes Zeichen. Grundsätzlich gilt, dass hohe Dividenden oder Dividendenrenditen keine Erfolgsgarantien für ein erfolgreiches Investment sind. Es kann daher sinnvoll sein, auch weitere Kennzahlen zu berücksichtigen.
Investoren achten bei der fundamentalen Analyse börsengelisteter Unternehmen auf Kennzahlen, deren Basis die sogenannten Financial Statements (Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz, Cash Flow Rechnung aus den Jahresabschlüssen) bilden. Einige häufig verwendete Kennzahlen werden hier erläutert.
Die Eigenkapitalquote zeigt den durch Eigenkapital finanzierten Teil der Bilanzsumme auf. Der Wert wird in der Regel in Prozent angegeben und berechnet sich wie folgt.
Eigenkapital ÷ Gesamtkapital = Eigenkapitalquote
Je höher die Eigenkapitalquote, desto gesünder scheint die Bilanz eines Unternehmens, da keine hohen Beträge an Fremdkapital zurückgezahlt oder refinanziert werden müssen. Fremdkapital ist jedoch per se nichts Schlechtes. Meist lohnt es sich für ein Unternehmen, eine gewisse Fremdkapitalquote aufrechtzuerhalten, da es durch Fremdkapital seine Kapitalkosten senken und Steuern einsparen kann.
Der Verschuldungsgrad eines Unternehmens weist den Faktor aus, um welchen das Fremdkapital das Eigenkapital des Unternehmens über-/untersteigt. Die Formel lautet wie folgt:
Fremdkapital ÷ Eigenkapital = Verschuldungsgrad
Zur Beurteilung der Profitabilität eines Unternehmens lohnt sich zu Beginn ein Blick auf dessen Bruttomarge. Diese lässt sich gut am Beispiel Coca-Cola erläutern. Mit jeder verkauften Dose Cola Light erlöst das Unternehmen bspw. $3,00. Für die Herstellung entstanden durch Material- und Fertigungskosten Ausgaben von $1,20. Alle weiteren Kosten, etwa für Marketing, Management-Gehälter oder Büromieten bleiben hier unberücksichtigt. Die Bruttoerlöse, hier $1,80, im Verhältnis zum Umsatz ergeben die Bruttomarge, hier in Höhe von 60 Prozent. Die Formel lautet:
Bruttoerlöse ÷ Umsatz = Bruttomarge
Die Nettomarge hingegen betrachtet die tatsächlichen Gewinne des Unternehmens. Hierbei gilt es zu beachten, dass der Nettogewinn deutlich stärkeren Schwankungen ausgesetzt ist als dies bspw. bei den Bruttoerlösen zu beobachten ist. Dies liegt unter anderem an zahlreichen Möglichkeiten, die Gewinn- und Verlustrechnung zu beeinflussen, und Sondereffekten, die in unregelmäßigen Abständen den Gewinn eines Unternehmens beeinflussen können. Der Nettogewinn eines Unternehmens ergibt sich aus den Bruttoerlösen, abzüglich aller weiteren operativen Ausgaben, Abschreibungen, Zinsen und Steuern. Die Nettomarge setzt den Nettogewinn ins Verhältnis zum erzielten Umsatz:
Nettogewinn ÷ Umsatz = Nettomarge
Die Eigenkapitalrendite setzt den Gewinn des Unternehmens ins Verhältnis zu seinem Eigenkapital. Mit der Kennzahl lässt sich der effiziente Einsatz des Eigenkapitals bewerten. Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalrendite können Vorteile gegenüber Wettbewerbern haben. Liegt die Eigenkapitalrendite deutlich über den üblichen, am Kapitalmarkt zu erzielenden Renditen, kann dies ein Argument für eine Investition in ein solches Unternehmen sein. Die Eigenkapitalrendite lässt die aktuelle Bewertung des Unternehmens jedoch außer Acht. Berechnet wird sie mit folgender Formel:
Nettogewinn ÷ Eigenkapital = Eigenkapitalrendite
Die Zinsdeckung eines Unternehmens zeigt, wie stark die jährlich zu tragenden Zinskosten (abhängig von Verschuldung des Unternehmens, seiner Bonität und dem allgemeinen Zinsniveau) durch laufende, operative Erträge gedeckt werden können.
EBIT ÷ Zinskosten = Zinsdeckungsgrad
Je höher der Zinsdeckungsgrad, desto sicherer können Anlegerinnen und Anleger sein, dass das Unternehmen auch künftig seine Zinskosten durch den Gewinn aus seinem operativen Geschäft (EBIT = Gewinn vor Steuern und Zinsen) decken kann. Ein niedriger Wert kann hingegen auf Probleme hinweisen. Die Kennzahl unterscheidet sich je nach Industrie, in der ein Unternehmen tätig ist. Der Vergleich des Zinsdeckungsgrades verschiedener Unternehmen derselben Branche kann bei der Einordnung dieser Kennzahl helfen.
Zur Einordnung von Kennzahlen: Einzelne Kennzahlen reichen nicht aus, um fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen. Vielmehr erlauben sie in Summe ein besseres Verständnis, um Profitabilität, Verschuldung und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens einzuordnen. Sie ermöglichen einen Vergleich von Unternehmen derselben Branche und erleichtern die Einschätzung, ob die Aktie eines guten Unternehmens zu einem „fairen“ Preis erworben werden kann oder ob die Märkte das perfekte Zukunftsszenario bereits in den Kurs der Aktien eingepreist haben.
Emanuel Eisel
Emanuel war bis März 2022 Head of Capital Markets bei ºÚ°µ±¬ÁϹٷ½. Er hat einen M.Sc. in Business Administration von der Universität Hamburg. Teile seines Studiums verbrachte er an der Boston University in den USA.